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HIER PRESSEKRITIKEN ZUM KINOSTART IN DEUTSCHLAND

Kritiken zum Kinostart als WORD-Datei!

Für PRESSEKRITIKEN zu Festivalaufführungen bitte hier klicken.

Link zu INTERVIEWS zum Film.

  Wann in Zeitschrift / Zeitung / Sender (anklicken!)  

März 2004 SZENE Hamburg

1.12.2003 SIEGESSÄULE

22.12.2003 ZITTY Berlin

17.12.2003 TIP Berlin

1.12.2003 INTERVIEW Siegessäule mit Diana Schöppe

Nov 2003 DU&ICH Artikel (1.Teil / 8 Seiten auch als PDF File)

Jan 2004 DU&ICH Artikel (2.Teil / 6 Seiten auch als PDF File)

24.12.2003 DER TAGESSPIEGEL

24.12.2003 TICKET BERLIN

27.12.2003 BERLINER ZEITUNG

Jan 2004 ADAM MAGAZIN (als PDF-File)

Jan 2004 MÄNNER AKTUELL

30.12.2003 DIE TAGESZEITUNG

Jan 2004 OUR MUNICH (auch als PDF-File Januarheft)

24.12.2003 MORGENPOST BERLIN

Feb 2004 HINNERK Hamburg (mit Interview)

März 2004 epd Film

März 2004 LIFT Stuttgart

11.3.2004 BAYERISCHER RUNFUNK

März 2004 KATHOLISCHER FILMDIENST

5.3.2004 TAZ Hamburg (Interview, auf Interviewseite)

11.3.2004 FLUTER

11.3.2004 HAMBURGER MORGENPOST

12.3.2004 SCHWÄBISCHE ZEITUNG

16.3.2004 SCHWÄBISCHE ZEITUNG

März 2004 Diverse Internet Portale

18.3.2004 STUTTGARTER ZEITUNG

19.3.2004 STUTTGARTER NACHRICHTEN

März 2004 EUROGAY

März 2004 GAYWEB.DE

11.1.2004 WELT AM SONNTAG

2.7.2004 SCHWÄBISCHES TAGBLATT

Juli 2004 COOLIBRI

24.6.2004 SAARBRÜCKER ZEITUNG

Juli 2004 HANNOVER LIVE

Juni 2005 Siegessäule (TV Tipp des Monats)

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Nachfolgend Presse-Kritiken (ab Kinostart 25.12.2003, d.h. ohne Festivalpresse - und noch nicht vollständig) im Original-Wortlaut. Eventuell angegebene Links zu den Originalveröffentlichungen am Ende einiger Zitate ("Gesamter Artikel") galten zum jeweiligen Erscheinungsdatum und können z.T. mittlerweile ausser Betrieb sein. Wir bitten um Verständnis.

Für PRESSEKRITIKEN anlässlich der Festivalaufführungen ab Berlinale 2003 hier klicken! Link zu INTERVIEWS zum Film.



SIEGESSÄULE
Frank Noack, Dezember 2003

Klischeevorstellungen über schwules Leben werden nicht nur von Heteros verbreitet. Immer wieder malen schwule Autoren und Filmemacher ein düsteres Bild vom Leben in der Provinz, wo einen entweder die Langeweile oder ein homophober Lynchmob umbringt. Jochen Hick misstraut dieser lieb gewordenen Vorstellung. Er ist in die Provinz gefahren, um Schwule zu porträtieren, die gern dort leben. Resultat: Man begegnet dort nicht mehr Vorurteilen als in der Großstadt. Das Hauptproblem in diesem Umfeld ist nicht die Intoleranz der heterosexuellen Mehrheit, sondern das Fehlen einer Subkultur, in der man Gleichgesinnte treffen kann. Einer der Porträtierten fährt gelegentlich nach Berlin, um sich sexuell auszutoben und sich in einem Military-Shop einzukleiden. Die Frage, ob er mal beim Bund gewesen sei, verneint er, schließlich sei er überzeugter Antimilitarist. Das ist einer von vielen Anlässen zum Schmunzeln und Kopfschütteln. Aber Hicks Haltung ist nicht die des arroganten Großstädters.
Er begegnet seinen Gesprächspartnern mit Respekt und lässt ihnen viel Raum zur Selbstdarstellung. Entsprechend locker bewegen sich die Männer vor der Kamera. Am Ende hat man eine ganz neue Auffassung von dem Begriff „selbstbewusst schwul“, mit dem sich Großstädter bezeichnen, die sich für mutig halten, weil sie zu Tausenden auf die Straße gehen und demonstrieren. Aber ist es nicht viel mutiger, wenn man als einziger Schwuler vor Ort zu seiner Sexualität steht? Der Titel „Allein unter Heteros“ beschreibt keine Notsituation, sondern frei gewähltes Einzelgängertum.

TIP Berlin Magazin
18.12.2003, Marcus Weingärtner

Wer bislang glaubte, die Gleichberechtigung sexueller Minderheiten hätte in ganz Deutschland Einzug gehalten, den wird Jochen Hicks "Ich kenn keinen - Allein unter Heteros" mehr als erstaunen. Hick portraitiert schwules Leben in der schwäbischen Provinz und begleitet die Männer bei ihrem Alltag auf dem Dorf und ihren erotischen Fluchtreisen nach Thailand, Zürich und Berlin. Bestürzend ist dabei weniger die Tatsache, dass die Portraitierten ihren Exotenstatus gottergeben hinnehmen, als vielmehr der Umstand, dass Homosexualität auf dem Lande immer noch ein Fremdwort zu sein scheint. Otto Normalschwabe vermutet das schlimme H-Wort irgendwo zwischen behandelbar, sündhaft und pathologisch.
Überraschenderweise werden in Hicks Doumentation weder der Homo- noch der Hetero-Seite eindeutige Positionen zugeschanzt, was die Spießigkeit der einzelnen Lebensentwürfe anbelangt. So lebt letztendlich der Schwule auf dem Land ein braves Leben zwischen Kaffeetafel, Kirchgang und Kehrwoche. Gemeinsam mit seinem heterosexuellen Umfeld kommt er über seine Neigung zu Erkenntnissen, die zwischen amüsant und furchterregend changieren.

ZITTY Berlin: "Sehr sehenswert!"
25.12.2003, Hans-Hermann Kotte

Schwule gelten als Trendsetter udn Lifestyle-Scouts. Ihr Leben muss eine Mischung aus Dauerurlaub, Shopping-Tour und Gourmet-Events sein. Das ist zwar Quatsch, aber so will es der Medienhype. Dabei droht in Vergessenheit zu geraten, wie homofeindlich die Gesellschaft immer noch ist und dass Schwule nicht nur in Metropolen wohnen. Solche Lebenswelten hat Jochen Hick für seinen Dokumentarfilm aufgesucht.
Es geht tief ins Schwabenland. Dorthin, wo beim CHristopher-Street-Day noch Gegendemonstrationen auftauchen ("Jesus liebt Dich, kehr' um!"). Hick lässt Schwule aller Altersgruppen von ihrem Kampfum Anerkennung berichten und hat sich umgehört an Stammtischen, bei Kirchenchören, an Kaffeetafeln. Da sagt man zum Analverkehr "finaler Schuss". Und Männer die Parfum benutzen sind "stinkende Eichhörnchen". Mütter erzählen von der Verzweiflung, die sie erfasste, als der Sohn ihnen sagte dass er schwul ist: "Ich dachte, ich muss ihn erschlagen und zerhacken." Damit die Zuschauer nicht in Depression versinken hat Hick auch komische Momente eingebaut. Etwa wenn Uwe, der Uniform-Liebhaber, einen Ausflug nach Berlin unternimmt. Der Mann, der ihm ein Paar Knobelbecher verkauft, kann nicht glauben, dass Uwe Blümchensex mag und nicht auf die Harte Welle steht. Der Film wurde bei der Berlinale 2003 mit dem Teddy-Award prämiert. Sehr Sehenswert.

INTERVIEW SIEGESSÄULE
Diana T. Schöppe, Dezember 2003

>Deine früheren Filme spielen in amerikanischen Großstädten. Was hat dich am Thema Schwule in deutscher Provinz gereizt?
In Deutschland sind die Schwulen ja recht stolz auf Homoehe, CSDs und Wowereit, doch inwieweit sind diese Entwicklungen eigentlich auch auf dem Lande angekommen? Ich wollte an Orte gehen, wo schwules Leben darin besteht, allein unter Heteros eine eigene Identität zu finden.

>Gibt es irgendetwas Positives aus Schwaben und dem Schwarzwald zu berichten?
Der Film will ja weder bewerten noch eine soziologisch repräsentative Bestandsaufnahme sein. Das Positive sind für mich schon die Protagonisten und ihre Widerstandskraft inmitten ihrer oft ignoranten Umgebung. Aber Schwaben und der deutsche Südwesten haben sicherlich auch eine große Tradition an Liberalität und Freidenkertum.

>Du zeigst die Männer überwiegend in ihrer Heteroumgebung. Wie sieht das Leben in der Szene, in der „Sub“ aus?
Die „Sub“ auf dem Lande ist ja eher klein und bescheiden, und viele fahren am Wochenende genau deshalb weit weg, weil sie nicht gern erkannt werden wollen. Wer Kontakt und Netzwerk sucht, hat sicherlich einige Möglichkeiten, aber in vieler Hinsicht empfand ich schwules Leben auf dem Lande oft sogar noch isolierter und vereinsamter, als man es in großen Städten vermuten möchte.

>Auf der Berlinale hast du den TEDDY für den besten Dokumentarfilm erhalten. Was bedeutet dir die Auszeichnung?
Der Preis hat alle am Film Beteiligten sehr gefreut, auch weil er von einer überwiegend fremdsprachigen Jury vergeben wird. Dies hat mir gezeigt, dass man mit einem sehr deutschen einschlägigen Thema durchaus internationales Interesse wecken kann.

DER TAGESSPIEGEL
Jan Schulz-Ojala, 24.12.2003

Jochen Hicks sensibler Dokumentarfilm über schwules Leben in der Provinz.

(...) Hartmut ist stolz. "Ich will nicht verstanden werden, mir reicht's, wenn ich toleriert werde", sagt der HIV-positive Endfünfziger, wenn die Heteros mal wieder angestrengt in Mitgefühl machen. Jahrzehntelang hat er am Stammtisch daheim in Albstadt über Schwulenwitze mitgelacht und sogar selbst welche erzählt, und sich dann doch geoutet, mit 51 - zu spät, wie er heute findet. Und wenn es ihm zu eng wird zuhause? Dann lebt er sich in Thailand aus, bei den zarthäutig-schmusigen Thai-Jungs, die sogar küssen, "das gibts hier doch gar nicht bei bezahltem Sex".
Stefan ist melancholisch. Lebt mit 26 bei Mama im 700-Seelen-Dorf Michelwinnaden und hält sich für den "einzigen Schulen im Ort". Forstwirt ist er, und nachdem er sich geoutet hatte, wollten zwei Kollegen nicht mehr mit ihm "zsamme schaffe", aber das hat er mit seinem leisen Lächeln auch noch überstanden. Und wenn die Mama über das Schulsein ihres Sohns breit dahersagt, "bei ihm hätte ich's nie vermutet, weil er so'n fröhlicher Typ war", fsnn bleibt ja immer noch das Auto, 150 Kilometer nach Stuttgart, 150 nach München. "Ich wohn' zentral."
Uwe ist fröhlich. Am liebsten trägt er, der nie beim Bund war, Militärklamotten, und damit geht's am Wochenende 30 Kilometer nach Villingen-Schwenningen, in den "Hölzlekönig". Oder wenn er mal weiter weg muss von Mama und ihren vielen Sofa-Teddybären, dann fährt Uwe nach Berlin. Da kann es dem in schönstem Alemannisch daherschwätzenden technischen zeichner schon mal passieren, daß er überüunktlich im Darkroom eintrifft. Der Typ hinterm Tresen: "Da biste 'ne Stunde zu früh. Hier geht das erst um halb eins los."
Abgewürgtes Leben, dieses Schwulsein in der Provinz. "Ich kenn' keinen" - so reden die Leute, wenn sie nach Kontakten zu Schwulen gefragt werden, und os hat Jochen Hick auch seinen offenen, diskreten, informativen und zart investigativen Dokumentarfilm genannt. Hat sich umgehört an Stammtischen und in Kirchenkreisen, hat sich umgehört zwischen Tabu und tabu, vom gediegenen Wohnzimmer-Interieur zum vorsichtig-schrillen CDS-Umzugsversuch etwa in Ravensburg, wo Fundamentalchristen eifrig ihre Transparente zur Gegen-Demo hochhalten: "Jesus liebt dich, kehr' um!"
Dramatisch ist der Film und erschütternd in der undramatischen, unerschütterlichen Art, mit der die Schwulen in ihrer überwiegend stumpfen Umgebung zurecht kommen gelernt haben, ob ganz jung oder Ende siebzig. Die meisten sind bescheiden, fordern allenfalls ein bisschen Nachsicht. Und wünschen sich, dass die Eltern wenigstens nicht in Tränen ausbrechen beim unvermeidlichen Outing eines schrecklichen Kaffenachmittags. Wenn Mutter weint, das ginge noch. Aber die Väter, diese sonst niemals weinenden Väter.
http://archiv.tagesspiegel.de

DU & ICH (Links zu zwei ausführlichen Artikeln)
November 2003 und Januar 2004

In der Zeitschrift DU&ICH sind zwei ausführliche Artikel über den Film erschienen. Der erste Teil im Novemberheft (im Download s.u.) stehen vor allem die Protagonisten Uwe, Stefan sowie Dominik im Vordergrund. Der zweite Teil im Januarheft (demnächst online) beschäftigt sich mit den Dreharbeiten und portraitiert Erika, Richard und Hartmut.
Vollständiger Artikel Novemberheft: http://www.salzgeber.de/presse/kritiken/heteros_duundich.pdf (DL)
Nur Anfang Artikel Novemberheft: http://www.du-und-ich.net/11_03/allein_heteros.html
Vollständiger Artikel Januarheft: http://www.salzgeber.de/presse/kritiken/heteros_duundich_02.pdf
und alternativ im Download: PDF File (Download 4,04 MB)
Nur Anfang Artikel Januarheft: http://www.du-und-ich.net/01_04/ich_kenn_keinen.html
Website von DU&ICH: http://www.du-und-ich.net

TICKET BERLIN
Sven Lorenzson, 24.12.2003

Im Land der Kehrwoche - Homodoku mit Realsatire

Also schwul könnte er ja sein, das dann aber auch noch zu sagen, als Regierender Bürgermeister - unmöglich! So ereifert sich eine Dame im Wirtshaus - die sich zugleich an der offenen Homosexualität und gar HIV-Infektion eines ihrer Stammtischmitglieder nicht zu stoßen scheint. Dieser Widerspruch ist typisch für das, was Jochen Hick in seinem neuen Film zeigt. Dafür hat er sich in Gefilde begeben, in denen manch Großstadtbewohner die schiere Homohölle vermutet: die schwäbische Provinz. Im Mittelpunkt seiner Expedition ins Land der Kehrwoche stehen vier Schwule zwischen 26 und 78, ihre Erfahrungen, ihr Selbstverständnis, vor allem aber ihr Alltag und Umfeld: Leben bei Mutti, Aufklärungsarbeit in der Kirche, Animositäten mit Arbeitskollegen, Christopher Street Day in Ravensburg (wo eine solche Parade noch mutig ist), Ausflüge nach Berlin oder Thailand, und vor allem brave Bürger, die behaupten, keinen Schwulen zu kennen.
Hick hätte noch mehr und genauer nachfragen sollen, doch seine Dokumentation ist ohnehin etwas zu lang geraten. Aber sie zeigt nicht nur, wie viel "auf dem Land" noch im Argen liegt, sondern fängt auch reichlich Realsatire ein, etwa einen antimilitaristischen Verkäufer von Militärkleidung oder eine Mutter, die über schwulen Sex sinniert: "Sie können ja im Grunde nicht anders, wenn sie den Geschlechtsverkehr vollziehen wollen - weil von vorne geht's ja nicht."

BERLINER ZEITUNG
Andreas Krause, 27.12.2003

"...ein Film, der die verborgenen Vorbehalte und Abneigungen von Menschen freilegt, die gewöhnlich die Form wahren. (...)"

http://www.berliner-zeitung.de

DIE TAGESZEITUNG
Manfred Hermes, 30.12.2003

Begehren der Kleinbürger
Coming-out der daheim Gebliebenen: In seinem Film "Ich kenn keinen - allein unter Heteros" porträtiert Jochen Hick homosexuelle Biografien in der Provinz. Eine recht launige Art der Soziologie

Kaum hat man sich zur eigenen Homosexualität bekannt, zieht es einen auch schon von der Peripherie ins Zentrum, in die Schwulenszenen, schwulen Lebenswelten oder sogar die Schwulenhauptstädte. Es gibt aber auch Menschen, die da bleiben, wo sie sind, unter Freunden, Verwandten und im elterlichen Nest. Für seinen Film "Ich kenn keinen - allein unter Heteros" hat Jochen Hick eine Reihe solcher Daheim-Gebliebenen-Biografien zu einem Blick in die nicht sehr bekannte Welt einer provinziellen Homosexualität zusammengefasst.
Hartmut hat ein Leben lang den Hetero gespielt, aber eine HIV-Infektion hat ihn zu einem doppelt mutigen Coming-out veranlasst. Stefan arbeitet als Förster und seine angenehm entspannte und etwas bräsige Art hat er anscheinend von seiner Mutter, die nicht nur aussieht wie Helen Vita, sondern auch deren bodenständige Wachheit hat. Uwe lebt bei seiner Mutter, unterbricht das wohlige Zwangsverhältnis aber immer wieder durch gelegentliche Tripps zu den Honigtöpfen des Landes, um dann genauso gern in die Heimat zurückzukehren.
Das war auch vor einem halben Jahrhundert nicht anders. In der Schweiz wurde Homosexualität im Jahre 1942 entkriminalisiert. Die Schwulenorganisation "Der Kreis" veranstaltete regelmäßig Partys in Zürich. Richard und Eduard hatten es aus Schwaben nicht weit. Jochen Hick begleitet die beiden älteren Herren auf einer Ortsbesichtigung in Zürich, und so erfährt man einiges über die Organisation des homosexuellen Begehrens in den Vierziger- und Fünfzigerjahren. Hick besucht Eduard aber auch in seiner präsentablen Wohnung, wo ihm schöne Antiquitäten und eine Buchrückenattrappe gezeigt werden, die als Versteck für den Fernseher dient. (...)

Website der Zeitung: http://www.taz.de
www.taz.de/pt/2003/12/30/a0178.nf/text

OUR MUNICH
Michael Prenner, Januar 2004

Auf dem Land, da gibt’s koa Sünd

Oder doch? Schwule auf dem Land leben ganz anders als Großstadt-Homos. Wie Uwe, Stefan, Richard und Hartmut zwischen Fußballclub, Kegelbahn und Stammtisch bestehen, davon erzählt Jochen Hicks neuer Film „Ich kenn keinen – Allein unter Heteros“.
San Francisco, Amsterdam, Berlin, Rio de Janeiro: Wenn’s darum geht, seinesgleichen zu treffen, ist dem Schwulen von Welt keine Homohochburg zu weit. Aber schon mal von Onstmettingen, Michelwinnaden oder gar Albstadt gehört? Orte, die weder im Spartacus noch im Katalog von Gay Travel stehen. Doch selbst hier – in den hintersten Winkeln des Schwabenländles - leben Schwule, wenn auch sehr vereinzelt. Jochen Hick hat sie gefunden – und ihnen in seiner Doku „Ich kenn keinen – Allein unter Heteros“ ein Denkmal gesetzt. Ein unterhaltsames, erschütterndes und oft auch komisches Portrait teils recht skurriler Charaktere – inklusive der naiven Statements unwissender Heten. Das Werk hat bereits einen Teddy Award kassiert – und läuft, obwohl es Dokus erfahrungsgemäß in Deutschlands Kinos schwer haben – voraussichtlich im Januar in München an. OurMunich traf den Regisseur Jochen Hick, der ein so ganz anderes Landhomo-Bild beschreibt, als viele es gerne sehen würden.

OM: Deine Protagonisten sind ziemlich kuriose Typen. Uwe z. B. wohnt mit fast 40 noch bei seiner Mutter. Wie findet man solche Leute?
JH: Da es im Schwabenland kaum Kneipen gibt, ist das nicht so leicht. Wir haben auf der Suche fast 20.000 km hinter uns gebracht. Aber hier und da existieren Grüppchen – z. B. die den CSD in Oberschwaben veranstalten. Oder solche wie „Das Kuckucksei“, die sich in wechselnden Lokalen treffen. Ansonsten ist es halt so, dass man jemanden fragt, der jemanden kennt – und der kennt dann wieder einen.
OM: Und wie bewegt man die Menschen dazu, bei so einem Projekt mitzumachen?
JH: Das war relativ schwierig. Hartmut war am einfachsten zu überreden, während Uwe sehr schüchtern war, trotz seiner entwaffnenden Offenheit. Am allerschwierigsten aber war es, die Freunde und Bekannten der Protagonisten vor die Kamera zu locken. Schließlich ging es nicht darum, ein paar Schwule im stillen Kämmerlein zu zeigen. Dieser Film funktioniert ja nur durch die Reibung der Homos mit den Heteros. Die, die sofort kreischen „Ich will in den Film“ sind allerdings die Falschen. Wir wollten ja Leute, die so’n bisschen was Eigenes und auch was Schräges haben. Nicht solche, die unbedingt Identifikationspersonen darstellen.
OM: Brauchen Schwule die Identifikationsrolle im Film?
JH: Ja, das ist so ein Problem. Minderheiten sind immer auf ihre Darstellung bedacht. Ich zeige aber nicht das Idealbild des aufgeklärten Großstadtschwulen. Zu denen, die das brauchen sag ich, „Macht doch selber Filme!“ Nur weil ich einen Film über eine Transe sehe, will ich ja nicht selbst eine sein.

Berlin? Wo liegt das?
OM: Man könnte dir den Vorwurf machen, dass du den Großstadtschwulen einen voyeuristischen Blick auf schwule Landeier bietest ...
JH: Nein. Wie die sich darstellen und durchs Leben gehen - das ist viel mutiger als bei vielen Stadtschwulen. Die sind irre bescheiden, fordern nichts von ihrer Umgebung. Dazu kommt, dass es in Berlin, wo ich lebe, viel mehr Landschwule gibt als anderswo. Die Leute kommen zu 70-80% aus den kleinsten Käffern Deutschlands. Berlin ist die größte Schwäbische Stadt außerhalb von Baden-Württemberg.
OM: Man fragt sich natürlich, warum deine Darsteller eigentlich noch dort auf dem Land leben.
JH: Na ja, zum einen sind die nicht wahnsinnig ambitioniert im Beruf – zum anderen haben sie einen großen Familienzusammenhalt. Im Dorf zieht man ja nicht einfach so innerhalb des Ortes bei Muttern aus. Man zieht richtig weg - oder gar nicht. Bei Uwe war das einfach eine berufliche Sache. Oder Stefan: Der war Förster. Hartmut hat schon ein paar mal den Absprung versucht. Aber letztendlich hat er gemerkt, dass er als Sohn einer reichen Fabrikantenfamilie in seinem Heimatort den höchsten Respekt genießt. Und das trotz Outing als schwuler HIV-Positiver.

Homos? Was ist das?
OM: Stammst Du selbst aus dem Schwabenland – oder wieso verschlug es deinen Film ausgerechnet in diese Region?
JH: Ich bin in Stuttgart zur Schule gegangen. Ich fand die Gegend interessant. Dazu kommt, dass viele Gebiete so abgelegen sind – da findet man jede Menge Menschen, die ernsthaft behaupten, dass sie noch nie einen Homosexuellen gesehen, geschweige denn kennen gelernt hätten. Zum Beispiel der Pfarrer von Hartmut – der ist 50, hat in Tübingen studiert und sagt, dass Hartmut der erste Schwule ist, den er jemals getroffen hat. Das spricht weder für die Kirche noch für seine Position als Seelsorger.
OM: „Sex / Life in L.A.“ und „Ich kenn keinen“ – das sind zwei Dokus von dir über schwule Minderheiten innerhalb der schwulen Minderheit. Die erste über Pornostars, die zweite über Landbewohner. Wie geht’s weiter? Vielleicht mit schwulen Bauarbeitern?
JH: Politiker wäre gut. Nee, im Moment produziere ich den zweiten Teil von „Sex / Life in L.A.“ – um zu zeigen, was sechs Jahre später aus den Darstellern geworden ist. Ich würde gerne mehr in Deutschland machen. Leider geht das nicht ohne Beteilung des Fernsehens.
OM: Dann wünsche ich dir zunächst einen erfolgreichen Kinostart für „Ich kenn keinen“.
Gesamter Artikel als JPG-File zum Download!
Gesamtes Januarheft:
http://www.ourmunich.de/om/pdf/mag/ourmunich0104.pdf

MÄNNER AKTUELL
Jürgen Bienik, Udo Badelt - Januar 2004

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MORGENPOST BERLIN
Axel Schock - 24.12.2003

Schwule in der Provinz
Preisgekrönte Doku: "Ich kenn keinen - Allein unter Heteros"
Einen offen schwulen Bürgermeister haben zwar die wenigsten Metropolen aufzubieten, aber das friedliche Neben- und Miteinander von Homos und Heteros dürfte mittlerweile in Hamburg ähnlich sein wie in Berlin oder Köln. Doch die scheinbare gesellschaftliche Toleranz täuscht. Nicht überall feiern Hunderttausende den Christopher-Street-Day, finden Schwule eine Infrastruktur aus Kneipen, Vereinen und Selbsthilfegruppen. Was, wenn man als schwuler Mann in Schwaben "Allein unter Heteros" lebt?
Jochen Hick gelingt in seinem klassisch gebauten, pointiert geschnitten und überaus unterhaltsamen Film, auf der diesjährigen Berlinale mit dem Teddy als bester schwul-lesbischer Dokumentarfilm ausgezeichnet, ein auf den ersten Blick sehr komisches Werk. Zeigt hübschen Nippes im Kleinbürger-Idyll, schlägt aus dem ersten Besuch eines Schwarzwälders in einem Berliner Military-Shop beinahe groteske Szenen. Auch die Gespräche mit den Mitmenschen im Kirchenchor oder am Stammtisch erscheinen zunächst wie perfekte Satire. Unverblümt werden Ressentiments ausgeplaudert, offenbaren sich Unsicherheiten im Umgang mit Schwulen und Lesben.
Doch mehr und mehr wird die Kluft deutlich zwischen jenen, die es auf dem Dorf zwischen Duldung und Anfeindung aushalten, und jenen in der Ghetto-Idylle lebenden Großstadtschwulen. Und so offenbart sich auch, wie vage die Toleranz der Gesellschaft ist und wie viel Kraft und Mut es erfordert, sich fern der Großstadt auf ein Leben in ständiger Verleugnung oder einen immer währenden Spießrutenlauf einzulassen.
Gesamter Artikel: http://morgenpost.berlin1.de/archiv2003/031224/film/story649494.html

HINNERK HAMBURG
Axel Schock - Februar 2004

Schwules Leben zwischen Kehrwoche und Spätzle - Jochen Hick's kleines Meisterwerk "Ich kenn keinen - Allein unter Heteros"

Einen offen schwulen Bürgermeister haben zwar die wenigsten Metropolen aufzubieten, aber das friedliche Nebeneinander von Hetero- und Homosexuellen dürfte mittlerweile in Hamburg ähnlich sein wie in Berlin oder Köln. Doch all die scheinbare allgemeine Toleranz täuscht. Nicht überall feiern Hunderttausende gemeinsam den Christopher Street Day, finden Schwule eine Infrastruktur aus Kneipen, Vereinen oder Selbsthilfegruppen. Was, wenn man „Allein unter Heteros“ lebt? Der Filmemacher Jochen Hick hat mit Dokumentarfilmen wie „Sex/Life in L.A.“ bisher einen ethnographischen Blick in obskure, spannende, ungewöhnliche Lebensweisen fern in den USA geworfen. Mit seinem neuen Film hingegen dringt er in ganz andere, für viele vielleicht noch fremdere Lebenswelten vor: ins Schwabenland. In seinem bei der Berlinale 2003 zu Recht als bester schwul-lesbischer Dokumentarfilm mit dem Teddy ausgezeichneten Film, der jetzt endlich in die Kinos kommt, portraitiert er Schwule auf dem Lande. Solche, die den Absprung nicht geschafft, es sich zuhause bei Mutter eingerichtet haben und nicht, wie Tausende andere von ihnen, in die Großstadt abgewandert sind. Manch einer von ihnen will auch gar nicht weg. Hängt an der Heimat, will das Leben in der Provinz auch gar nicht aufgeben. Der Endfünfziger Hartmut aus Albstadt, der lange seine Sexualität auf die Urlaube in Thailand beschränkte und sich erst nach einer HIV-Infektion in der Heimt offen zu seinem Schwulsein bekannte. Oder der 26-jährige Forstwirt Stefan aus dem 700-Seelendorf Michelwinnaden, 150 Kilometer bis zur nächsten Schwulenkneipe in Stuttgart, 150 Kilometer bis München: „Ich wohn zentral.“ Jochen Hick gelingt mit seinem klassisch gebauten, abr pointiert geschnittenen und zudem überaus unterhaltsamen Werk ein auf den ersten Blick sehr komischer Film. Gerne mal zeigt die Kamera hübschen Nippes im kleinbürgerlichen Idyll, schlägt aus dem ersten Besuch des 37-jährigen Schwarzwald-Jungen Uwe in Berlin in einem Military-Shop beinah schon groteske Szenen. Aber er führt seine Protagonisten niemals vor, weder die heterosexuellen Bewohner gediegener Wohnzimmerensembles, schon gar nicht die schwulen Protagonisten (in zum Teil nicht weniger solide, gutbürgerlichen Wohnumfeld). Denn deren Leben, entweder die schwule Identität zu verleugnen oder sich auf einen immer währenden Spießrutenlauf und permanenten Kampf einzulassen – erfordert Mut und Kraft. AuchGespräche mit den Mitmenschen im Kirchenchor oder am Stammtisch erschienen zunächst wie perfekte Satire. Unverblümt werden Ressentiments ausgeplaudert, offenbaren sich Unsicherheiten im Umgang mit Homosexuellen, denen man – natürlich – ohnehin noch nie begegnet ist. So wird die Kluft immer deutlicher zwischen jenen Schwulen, die es auf dem Dorf zwischen Anfeindung und Geduldetsein auszuhalten, und den in der Ghettoidylle lebenden Großstadthomos. Schon aus diesem Grunde wünscht man diesem Film so viele Zuschauer wie möglich – schwule wie nicht schwule.
Gesamter Artikel und Interview als JPG-File
Link Hinnerk Hamburg http://www.hinnerk.de

epd FILM
Raimund Gerz, März 2004

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LIFT STUTTGART
März 2004

Gesamter Artikel als JPG-File!

SZENE Hamburg
Christoph Dompke - März 2004

Famoses Sittenbild mit loriotschen Qualitäten

Etwas 5-10 Prozent der Bevölkerung sollen demographischen Erhebungen zufolge homosexuell sein – offenbar nicht in der schwäbischen Provinz. Dorthin hat sich Jochen Hick begeben und hier Schwule und Heterosexuelle aus deren Umfeld interviewt. Sein Film rückt die Sichtweise großstädtischer Schwuler zurecht, die homosexuelle Emanzipation sei erfolgreich abgeschlossen, weil Jacobs Kaffee inzwischen auf dem Christopher Street Day wirbt.
Der Schwabe an sich kennt Schwule offenbar nur vom Hörensagen und wenn er ins Reden kommt, wird er empfindsame Zeitgenossen grausen „Die Arschfickerei“ scheint nach wie vor ein Faszinosum zu sein, dass Christen Schwule als „schmutzig, wüst und sündig“ bezeichnen, nimmt man zur Kenntnis, und dass eine alte Frau über einen Schwulenim Dritten Reich erzählt: „Der is’ geholt worden und is’ nie mehr wiedergekommen“, zeigt einmal mehr, wie viel man damals wissen konnte, wenn man wollte. Eine mittelalterliche Dame, die von Tunten geschockt ist, dass sie immer wieder kreischt: „Die guten Homosexuellen, die sieht man gar nicht mehr“, tut einem fast Leid. In diesen Moment erreicht der Film Loriot’sche Qualitäten. Doch erschütternd ist das unter der Oberfläche des arrangierten Lebens zum Vorschein kommende Selbstverständnis der Schwulen: Wenn ein junger Schwuler vom bevorstehenden Coming-out-Gespräch mit seinen Eltern spricht und sagt, sein Freund trete doch sehr gut auf, die Eltern könnten gleich erkennen, „ dass er nicht so ein Kinderschänder ist“ – da kann man nur weinen, weil es offensichtlich zwischen „sehr gut aufgetreten“ (sprich: unauffällig sein) und „Kinderschändern“ immer noch kein Sozialisationsmodell gibt.
Jochen Hick ist seinen Interviewpartnern sehr nahe gekommen, und so ist „Ich kenn’ keinen“ ein aufrichtiger Film voller intimer Momente geworden. Der Dialekt wird bei Nichtschwaben für Erheiterung sorgen (wenn etwa ein Militärfetischist über SM und das 'Fessle' an sich spricht). Das Fazit des famosen Sittenbildes ist düster: „Eine Chancengleichheit gibt es nicht, die Homosexuellen müssen auch heute noch so viel Anpassungs- oder Abgrenzungsleistung erbringen, dass eine unbeschwerte Entwicklung nicht möglich scheint.“ Auch außerhalb des Schwäbischen.

Bayrischer Rundfunk - online
11.3.04 - Kirsten Liese

Jochen Hicks dokumentiert das schwere Los von vier homosexuellen Männern im konservativen Schwabenländle - allein(gelassen) unter Heteros.

Im Schwabenland sind vermeintlich alle "normal", also heterosexuell. Das ist zumindest die Meinung am Stammtisch. Niemand will einen Schwulen persönlich kennen, obwohl sich doch der Hartmut bei ihnen geoutet hat. Aber der Hartmut zählt nicht. Der ist ja doch ein "netter Kerl" und sagt das vielleicht nur so. Was der liebe Gott nicht gewollt hat, das gibt's eben auch nicht. In der süddeutschen Provinz scheint die Zeit irgendwie stehen geblieben zu sein. Dort kann man gar nicht fassen, dass sich der Berliner Bürgermeister offen zu seiner Homosexualität bekannt hat, geschweige denn, dass Schwule und Lesben mittlerweile eheähnliche Gemeinschaften eingehen dürfen. Dort ist man allen Ernstes noch der Meinung, gleichgeschlechtliche Liebe sei pervers, sündhaft und pathologisch.
Jochen Hicks, 1960 in Darmstadt geboren, der bisher vor allem in den USA drehte ("No One Sleeps", "Menmaniacs", "Sex/Life in L.A."), porträtiert in seiner jüngsten Dokumentation vier schwule Männer, die trotz mittelalterlicher Vorurteile den Absprung aus der Kleinstadt nicht geschafft haben. Er begleitet sie bei ihrem Alltag zwischen Kirche und Kneipe und auf ihren Fluchtreisen in die große Welt, wo sie gesellschaftlich akzeptiert werden. Erstaunlich, wie offen und bereitwillig die Protagonisten Einblick in ihr Leben gewähren: Hartmut (57) hat Aids und kompensiert seine Einsamkeit mit sexuellen Abenteuern in Thailand. Uwe lebt mit seiner betagten Mutter im Schwarzwald und ergründet in Berlin seine Vorliebe für Militäranzüge. Stefan (26), ein junger Forstwirt, nimmt es hin, dass seine Kollegen ihn sticheln und hisst stolz die Regenbogenfahne. Richard (79), der während der Nachkriegsjahre oft ins liberale Zürich gereist ist, führt nach wie vor ein diskretes Leben. Sie alle sind Außenseiter, leben im Verborgenen, "allein unter Heteros".
Offen bleiben Fragen, was die Männer in der gottgläubigen, kleinbürgerlichen Provinz hält, in der jeder Konventionsbruch registriert und geahndet wird, Mütter sich schämen, wenn ihr Sohn kein Mädel nach Hause bringt und als Stammtischwitze getarnte Nazisprüche die Runde machen. Auf latente Weise ist "Ich kenn keinen - Allein unter Heteros" ein politischer Film, der auf bestürzende Weise bewusst macht, dass trotz vermeintlich sexueller Liberalität im 21. Jahrhundert noch viel Aufklärung nötig ist, um einer Diskriminierung Homosexueller entgegenzuwirken. Anklagend ist die Dokumentation jedoch nicht. Hicks wertet nicht, sondern zeigt. Das reicht völlig aus. Mitunter erheitert der Film sogar dank brillanter Situationskomik, wenn einem auch das Lachen im Halse stecken bleibt.

Gesamter Artikel unter: http://www.br-online.de/kultur-szene/film/kino/0402/02503/druckversion.shtml

Katholischer Filmdienst
März 2004 - Stefan Volk

Kennen Sie einen Schwulen? Mit dieser Frage im Gepäck reist Filmemacher Jochen Hick ins ländliche Schwaben. Glaubt man den abweisenden Antworten, die er erhält, scheint es dort so gut wie keine Homosexuellen zu geben. In seiner Dokumentation hat er dennoch ein paar gefunden: Vier Männer unterschiedlicher Generationen begleitet er in ihrem von Vorurteilen und Ausgrenzungen bestimmten Alltag sowie bei ihren gelegentlichen Fluchten aus dessen sozialer Enge. Da ist Hartmut, Mitte 50. Jahrzehntelang erzählte er am Stammtisch von seinen amourösen Abenteuern im Thailand-Urlaub, angeblich mit Mädchen, bis er HIV positiv getestet wurde und sich outete. Die Stammtischrunde hat ihn nicht ausgeschlossen, aber sie denkt sich ihren Teil, bei den meisten stößt er auf Unverständnis. Einer seiner Bekannten, ein Gemeinderat, bedauert Hartmuts „Krankheit“ und meint damit nicht nur das Virus. Dabei wirkt er keineswegs unsympathisch: ein gemütlicher Familienvater, nur eben überzeugt davon, dass Homosexualität nicht Gott gewollt sei; auch wenn ihm die Worte „homosexuell“ oder gar „schwul“ nicht über die Lippen wollen. Die Beiläufigkeit, mit der er seine diskriminierenden Thesen vertritt, ist frappierend. Intoleranz als Selbstverständlichkeit. Gleichzeitig trägt die bigotte Unbeholfenheit, mit der er das Wort meidet, durchaus amüsante Züge.
Über weite Strecken behält der Film diesen ambivalenten Ton zwischen Beklemmung und absurder Komik bei. Das dargestellte soziale Klima ist nicht gereizt, nicht hasserfüllt, sondern ignorant, sturköpfig verleugnend. Duldsam bis ins Unverständliche erscheinen bisweilen auch die porträtierten Schwulen selbst. Der junge Forstwirt Stefan, der noch bei seiner Mutter lebt, berichtet mit stoischer Gelassenheit von den nationalsozialistisch eingefärbten Anfeindungen, die ihm sein um sieben Jahre verzögertes Outing im Kollegenkreis eingebracht habe. Bei den „Heteros“ ist von solch aggressivem Rechtsradikalismus kaum etwas zu spüren. Am liebsten würden sie das Schwulsein überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. Lange geschwiegen hat auch der 1924 geborene Richard, dessen Jugend in die Zeit des Nationalsozialismus fiel und für den der legendäre Züricher „Kreis“ die einzige Gelegenheit bot, Gleichgesinnte zu treffen. Geoutet hat er sich außerhalb des Films nie, und um das Wort „schwul“ macht er einen fast so großen Bogen wie der Gemeinderat. Eine Parallele, die nachdenklich stimmt, nicht nur, weil sie zeigt, wie sehr manch einer aus der älteren Schwulen- Generation die Tabuisierung verinnerlicht hat, sondern auch, weil sie charakteristisch ist für die Auswahl der heterosexuellen Gesprächspartner: Menschen jenseits der 50, aktive Kirchenmitglieder, nur halbherzig ergänzt durch einen Lehrer und einen Arzt.

Gleich zu Beginn formuliert Hick seine These: In der Stadt haben sich die Schwulen etabliert, aber auf dem Land herrschen noch finstere Zeiten. Bei der Auswahl der Interviewpartner scheint er wenig geneigt, dieses Vorurteil auf die Probe zu stellen. Die meisten Schwulen, so konstatiert er, ziehen irgendwann in die Stadt. Was aber ist mit denen, die zurückbleiben? Hicks Reportage zeichnet sie als Gefangene, als im doppelten Sinne Zurückgebliebene. Auch der 37-jährige Uwe wohnt noch bei seiner Mutter. Er hat ein Faible für Militärklamotten und reist hin und wieder nach Berlin, um sich dort auszuleben. Programmatisch kontrastiert Hick großstädtische Offenheit mit ländlicher Verstocktheit, begleitet Uwe auf seiner Berlin- Reise ebenso wie Hartmut beim Thailand-Urlaub. Aber alles, was nicht in seine Ausgangsthese passt, lässt er unberührt. Die Nonchalance, mit der er über Hartmuts Sextourismus berichtet, wird fahrlässig dadurch, dass er an anderen Stellen geradezu penetrant nachhakt. Zum Beispiel mag er nicht gelten lassen, dass jemand keinen Schwulen kennen will, und versteigt sich zur Frage, woher man denn überhaupt wisse, dass es Schwule gäbe. Dass der etwas ruppige Schnitt des Films wenig mehr präsentiert als eine simple Gesprächscollage und die sachlich-journalistische Bildsprache kaum Kinoformat hat, ist angesichts der thematischen Bedeutsamkeit der Dokumentation zu vernachlässigen; störender ist, dass es Hick zu selten gelingt, den Blick des Städters abzulegen und das (schwule) Leben auf dem Lande in seinem ganzen Spektrum darzustellen. Umgekehrt hätte er jenseits urbaner Szene-Ghettos und anonymer Spielräume auch an großstädtischen Stammtischen die Grenzen heterosexueller Toleranz veranschaulichen können. Seine Eingangsthese ist somit nur bedingt haltbar. Dennoch zeigt Hick eindrucksvoll, wie alltäglich die Diskriminierung Homosexueller in Deutschland nach wie vor ist und wie tief Vorurteile noch verankert sind.

Gesamter Artikel unter: http://film-dienst.kim-info.de/kritiken.php?nr=7002

FLUTER
Martin Maaß, 11.3.2004

In deutschen Großstädten sind Homosexuelle weitgehend akzeptiert. Offen schwule Bürgermeister? Kein Problem! Der Christopher Street Day ist ja auch längst ein etablierter kultureller Event. Aber wie sieht es da aus, wo die Deutschen am konservativsten sind - auf dem Land? Regisseur Jochen Hick hat sich in Schwaben aufgemacht, Schwule zu befragen, die trotz aller Probleme den Absprung in die Stadt nie gesucht haben.
Was dabei herauskommt, ist ein offenherziges, anrührendes, oft amüsantes und manchmal beklemmendes Porträt. Vier Männer begleitet Hick, mit ihren individuellen Geschichten und Vorlieben, ihren Lebensumständen und Überlebensstrategien. Alle bekennen sich mehr oder weniger offen zu ihrer Homosexualität, obwohl diese in ihrem Umfeld bis dahin meist Tabuthema war. "Ich kenn sonst keinen Schwulen", sagen viele Nachbarn und Kollegen.
Da ist Richard, fast 80 Jahre alt, der die Nazizeit überlebt hat und der jungen Bundesrepublik von Zeit zu Zeit in die tolerantere Schweiz entfloh. Und Hartmut, Ende 50, der sich seinen Stammtischbrüdern offenbarte, als er von seiner HIV-Infektion erfuhr. Uwe, Ende 30, macht Ausflüge nach Berlin, lebt aber sonst wie Stefan, 26, bei seiner Mutter. Stefan, der Waldarbeiter, hat sich seinen Kollegen in einer Arbeitspause geoutet. Dazu Erika, Mutter zweier schwuler Söhne, die im Rahmen ihres katholischen Glaubens versucht, ihre eigene mühsam erlernte Toleranz gegenüber dem Anderssein ihrer Kinder in Diskussionsrunden weiterzugeben.
Keiner von ihnen ist ein Held oder ein Engel. Alle sind ganz normale Menschen, die aber immer wieder großen Mut aufbringen: vor allem den, sich selber ins Gesicht zu sehen. Ein sehenswertes Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit - Werte, die in Staat, Gesellschaft und Kirche oft immer noch zu kurz kommen.
Martin Maaß

Ganzer Artikel: http://www.fluter.de/look/article.tpl?IdLanguage=5&IdPublication=4&NrIssue=1&NrSection=40&NrArticle=2299
Website: http://www.fluter.de > Kino

MORGENPOST HAMBURG
Jasmin Herzog

(tsch) "Coming out" und dann nichts wie weg in die Großstadt? Das gilt nicht für die vier Protagonisten von Jochen Hicks Dokumentation "Ich kenn keinen – Allein unter Heteros" . Sie leben meist gerne in der Provinz, bei ihren Verwandten und Freunden. Wie es ihnen in einer Welt ergeht, in der das Schimpfwort "Schwule Sau" offen kursiert und die Mutter sich ausdrücklich ein anständiges Mädel für den Sohn wünscht, das zeigt Jochen Hick in seiner launigen Soziologie.
Hicks Film führt nach Schwaben und in den Schwarzwald. Hier begleitet er seine Protagonisten in ihrem Alltag zwischen Kirche und Kneipe und auf ihren erotischen Fluchtreisen in die große Welt. Wir lernen den 57-jährigen Hartmut kennen, Mitglied im Wanderverein und Kirchenchor, ein Stammtischgeher. Über seine Aidserkrankung wissen ebenso alle wie um seine Leidenschaft für Reisen nach Thailand. Keine Skrupel, einen Einblick in sein Leben zu gewähren, hat auch Uwe. Er lebt mit seiner Mutter im Schwarzwald und ergründet bei Ausflügen ins ferne Berlin seine Vorliebe für Militäranzüge. Der junge Forstwirt Stefan benötigt die Hauptstadt nicht. Wenn ihn die Sticheleien seiner Kollegen nerven, tobt er sich in München oder Zürich aus. Die Schweizer Großstadt hat auch für Richard, 79 Jahre alt, eine besondere Bedeutung. Während der Nachkriegsjahre reiste er oft an diesen liberalen Ort.
Bei Jochen Hick kommen aber nicht nur die Schwulen zu Wort. Er dokumentiert auch den bitterkomischen heterosexuellen Blick auf die homosexuelle Welt. Zum Schenkelklopfer werden Statements voller Moralismen, Besserwisserei und naivem Unverständnis. Das ist besonders bitter, wenn wie in dieser Doku deutlich wird, wie viel die Protagonisten mit ihrer kleinbürgerlichen Umwelt eigentlich gemeinsam haben – außer der sexuellen Orientierung eben.

SCHWÄBISCHE ZEITUNG
Barbara Miller, 12.3.2004

Ein bisschen anders zu sein, ist schon okay; aber bitte nicht zu sehr und nicht zu auffällig. Denn dann fällt die ganze schöne Toleranz-Fassade in sich zusammen wie ein Kartenhaus und zum Vorschein kommen die alten, die wirklich ganz alten Vorurteile über Homosexuelle - ein genetischer Defekt, eine Krankheit, eine Perversion auf jeden Fall - und deshalb wirklich 'widerlich'.
Obwohl angeblich zehn Porzent der erwachsenen Bevölkerung homosexuell sein sollen, die meisten Leute, die Jochen Hick in seiner Dokumentation vor die Kamera holt, behaupten stereotyp, noch nie einem Schwulen begegnet zu sein - und sitzen gerade neben einem. Im Wirtshaus auf der Alb bei Onstmettingen zum Besipiel. 'Irgendwie' tun sie sich schon schwer mit dem Hartmut, dem Prokuristen, der erst, nachdem er wusste, dass er HIV-positiv war, den Mut hatte, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen. Da war er über 50. Heute ärgere er sich, sagt der amgemagerte Mann, so lange bei seinem Outing gewartet zu haben.
So schlimm, möchte man denken, kann die Intoleranz also nicht gewesen sein. Hartmut sitzt immer noch am Stammtisch, singt immer noch im Kirchenchor, und wenn er nicht so krank wäre, würde er mit den Kameraden vom Albverein noch in die Berge gehen. Bloß die Unterschiede zwischen Distanz und Intoleranz sind fliessend.
Der Dokumentarfilmer Jochen Hick, der für 'Ich kenn keinen - Allein unter Heteros' im vergangenen Jahr auf der Berlinale mit dem Teddy ausgezeichnet wurde, ist nach seinen Feldstudien über schwules Leben in den Großstädten nun aufs Land gegangen: Wie leben Homosexuelle auf der Schwäbischen Alb? Im Schwarzwald? In Oberschwaben? Haben sie's schwere als ein Szeneschwuler in Berlin? Müssen sie sich verstecken?
Zum Beispiel Stefan aus Michelwinnaden oder Uwe aus dem Schwarzwald. 'Hier wohn ich nur. Leben tu ich woanders.' Diesen Satz bekommt Hick oft zu hören. Er könnte ihn freilich von anderen jungen Leuten, auch Heteros gehört haben - wenn er gefragt hätte.
So aufschlussreich und dabei auch unteraltsam dabei auch der Film ist, Hick verläasst kaum das unmittelbare Umfeld der Portagonisten. Die Mütter von Stefan und Uwe, die Stammtischbrüder von Hartmut, der Kirchenkreis der engagierten Stuttgarterin Erika Micale vom Ortspfarrer bis zum Weihbischof - es sind fast ausschliesslich ältere Herrschaften, die da zu Wort kommen. Mag es in der Akzeptanz von Schwulen einen Unterschied zwischen Stadt und Land geben, zwischen Jung und Alt gibt es ihn auch. In Berlin wie in Michewinnaden.

Zeitung unter: http://www.szon.de
Siehe auch Terminhinweis unter: http://www.szon.de/lokales/ravensburg/region/200403120414.html

SCHWÄBISCHE ZEITUNG
Petra Fleischlen - 16. März 2004

Hauptdarsteller Stefan Braun: "Ich habe mich in dem Film total widergespiegelt"

Der Film "Ich kenne keinen - Allein unter Heteros" ist jetzt in Baden-Württemberg angelaufen. Am Freitagabend bot sich im "Urania" die Gelegenheit, nach dem Film mit Jochen Hick, dem Regisseur, und einem der Hauptdarsteller, Stefan Braun aus Michelwinnaden, zu diskutieren. In seinem Dokumentarfilm begleitet Hick Homosexuelle aus Oberschwaben. Sie berichten aus ihrem Alltag und erzählen, wie sie ihr "Coming-out" erlebt haben. Aber auch das direkte Umfeld der Darsteller kommt zu Wort. Am Stammtisch ist man nicht um "Political Correctness" bemüht. Stefans Mutter gibt im Film offen zu, dass sie von seiner Homosexualität absolut nichts wusste: "Er ist doch immer so ein fröhliches Kind gewesen...".

Auch diese Sichtweisen mit einzubringen, war das Ziel des Regisseurs Jochen Hick. "Ich habe Leute gesucht, die nicht so politisch korrekt sind und die auch ein bisschen originell sind." Der Satz "Ich kenne keinen" (Schwulen) fällt im Film unzählige Male. Er zeige, so Hick, wie sich das "schwule Leben" in der Provinz immer noch sehr von dem "schwulen Leben" in den Städten unterscheide. "Die Leute finden Homo-Ehen und Wowereit (Berlins Regierenden Bürgermeister) zwar normal, andererseits kennen sie aber keinen Schwulen", hat Hick herausgefunden. "Der Film soll auch dazu dienen, Barrieren und Hemmschwellen zwischen Heteros und Schwulen abzubauen. Wir sind noch weit entfernt von einer Normalität des Miteinanders", sagt er.

"Der Spaß hat mich dazu bewogen, bei dem Film mitzumachen", meint Stefan Braun. Er hatte den Regisseur bei der Vorbereitung zum Christopher Street Day (CSD) kennen gelernt. Auf der Berlinale hat er den Film, der dort mit dem "Teddy- Award" als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, zum ersten Mal in voller Länge gesehen. "Ich habe mich in dem Film total widergespiegelt. Alle meine Charakterzüge sind voll da!", sagt Braun. Die Reaktionen in seinem Umfeld seien positiv: "Meine Freunde stehen voll hinter mir!" Adrian Kutter, Inhaber der Filmtheaterbetriebe in Biberach, findet den Film "sehr, sehr gut". Ihm hat "die Mischung aus Ernst, Authentizität und Humor" imponiert.

Verschiedene Internet-Portale
März 2004

http://www.rp-online.de/rp-online/film.html?mid=2002_ich_kenn_keinen_allein_unter_heteros
CINEZONE.DE
http://cinezone.com/zone/2/html/index_link.html#/zone/2/2004/1103/ich_kenn_keinen_inhalt.html
NDR.DE
http://www.ndr.de/ndr/unterhaltung/film/neuimkino/20040311_ichkennkeinen.html
HAMBURG.DE
http://www.hamburg.de/news/1,2980,JG9rPTE1ODk4JHVrPTE2NjI3JGdlbz0zJGl0ZW09MzkwNzk3NCQ_,00.html
ZDF.DE
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/16/0,1872,2107632,00.html
SAT1.DE
http://www.sat1.de/kino/starts/feed/5/5/3/7/0/

STUTTGARTER ZEITUNG
Thomas Klingenmaier - 18.3.2004

Vielleicht war das mal ein Lachprojekt, ein Film, der in Berliner Szenekinos für tränenkullernde Hysterieanfälle sorgen sollte. Jochen Hicks "Ich kenn keinen - Allein unter Heteros" geht von einem Gefälle der Freizügigkeit in der Republik aus. Ein Filmteam aus der Hauptstadt schaut nach, wie es sich als Schwuler in der schwäbischen Diaspora lebt, wie man klarkommt, wenn man zum Beispiel in einem Dörflein von achthundert Seelen der einzige Homosexuelle ist. Oder zumindest der einzige, der sich zu seiner sexuellen Orientierung bekennt.
Es gibt hier ein paar suspekte Momente. Da werden kleinbürgerliche Gemütlichkeit und asphaltierte Trostlosigkeit zu ein paar Sekunden Gaffen auf eine skurrile, ferne Provinz montiert. Aber diese Reste eines hochmütigen Films bestimmen nicht das Wesen von "Ich kenn keinen". Denn Hick findet Menschen und Verhältnisse, denen er die Seltsamkeit nicht erst aufschminken muss. Leute, die so daherreden, wie man gehofft hat, dass sie vor spätestens zwanzig Jahren zu Reden und zu Denken aufgehört haben. Ekel vor dem Schwulsein wird da deutlich, verschwitzte Neugier, borniertes Beharren auf einer gottgewollten Normalität.

Immer wieder muss man in diesem Film, der auch Bilder aus Stuttgart zeigt, vor Verzweiflung laut lachen. Wenn etwa die gläubige Mutter zweier schwuler Söhne, die sich nun bei Vorträgen in katholischen Gemeinden um mehr Öffnung, Verständnis und Toleranz bemüht, von den Telefonaten erzählt, in denen sie um Rat gebeten wird. Sie hätten einen schwulen Hund gehabt, hat ihr eine Anruferin erzählt, den hätten sie deshalb totgeschlagen. Nun sei auch der Sohn schwul, aber den könne man doch nicht auch erschlagen. Was man denn tun könne? Eine andere, sehr freundlich wirkende Landfrau berichtet der Kamera, was sie gedacht hat, als ihr Sohn sein Schwulsein gestand: "I kauf a Pischdol und erschieß alle."
Man könnte Hick ("Menmaniacs") vorwerfen, dass er mit der Kamera sehr nahe an die Menschen herangeht, dass er sie verfratzt: die Christen etwa, die mit Transparenten Schwule beim Christopher Street Day zur Umkehr aufrufen. Aber er rückt auch sehr nahe an seine Sympathieträger heran, an die Schwulen, die von ihren Schwierigkeiten, ihren Ängsten, ihrer Feigheit erzählen. Ihre Mimik wirkt nicht grotesk. Die Kamera, merken wir da, zeigt manchmal wirklich nur das, was wir selbst aus uns machen.

Zeitung unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de
Gesamter Artikel unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/698855

STUTTGARTER NACHRICHTEN
Eva Maria Schlosser, 19.3.2004


Auf dem Land gehen die Uhren langsamer. Nehmen wir den Fall Klaus Wowereit. Er ist regierender Bürgermeister von Berlin. Er ist schwul. Und er gibt es offen und freimütig zu. Woran sich anfangs noch die Gemüter erhitzten, danach kräht in Berlin schon lange kein Hahn mehr.
Und auch in anderen Großstädten, so ist der Optimist gewillt zu glauben, mag sich keiner mehr daran aufhalten, über die sexuellen Neigungen von Politikern und anderen Nachbarn zu sinnieren - es sei denn zu Wahlkampfzwecken. Aber es gibt eben auch noch Flecken auf der Landkarte - und im Gehirn -, wo dem nicht so ist. Wo man sich darüber noch so seine Gedanken macht. Auf dem Lande beispielsweise. Filmemacher Jochen Hick, der eine Zeit lang in Stuttgart lebte, hat sich ebendort genauer umgeschaut, auf dem Lande. Fünf Leben, fünf Schicksale hat er aufgespürt.
Zum Beispiel Uwe. Uwe ist Ende 30, liebt Armeeklamotten und lebt bei seiner Mutter in einem idyllisch gelegenen Dorf im Schwarzwald. Die nächste Schwulenbar liegt in Villingen-Schwennigen, zu der er sich des Öfteren an den Wochenenden geduldig aufmacht, um Leute kennen zu lernen, sich zu amüsieren und vielleicht auch mal den Mann zu treffen, der mit ihm durch dick und dünn gehen würde. Manchmal fährt er nach Berlin und erkundet hier neugierig und selbstbewusst das homosexuelle Großstadtleben.
Weniger neugierig und selbstbewusst geben sich die Dorfbewohner in Onstmettingen, die mit Hartmut zusammen in der Gemeinde und am Stammtisch sitzen. Hartmut ist schwul, HIV-positiv und hat sich unlängst geoutet. Der Schock ist seinen Mitmenschen anzusehen und anzuhören. Zwar akzeptieren sie ihren Hartmut, aber das mit der schwulen Liebe will ihnen nicht ganz einleuchten. Der muss doch zu bekehren sein . . .
Neben Uwe und Hartmut erzählen Erica Micale, die Mutter von zwei schwulen Söhnen ist und eine Selbsthilfegruppe für Eltern von homosexuellen Kindern leitet, der 80-jährige Richard und der Forstwirt Stefan. Hick hat die fünf im Alltag und auf ihren Ausflügen begleitet und befragt, zum Leben auf dem Land, zum Outen und zum Schwulsein. Und er hat mit den Eltern gesprochen, den Freunden, Bekannten und Nachbarn. Das Ergebnis ist ein unspektakulär gemachter Dokumentarfilm, der von seinen starken Figuren und mitunter ungeheuer sympathischen, liebenswerten und immer authentischen Szenen lebt.
geht behutsam mit seinen Protagonisten um. Vorgeführt wird keiner. Genauso wenig bricht Hick eine Lanze für Homosexuelle und das Leben auf dem Lande. Er beobachtet und sucht (Vor-)Urteilen auf den Grund zu gehen. Er fragt, und nicht immer erhält er eine Antwort. Die Lücken darf der Zuschauer füllen, mit Sympathie und Mitgefühl, mit Unverständnis und manchmal mit leisem Grauen. Auf der Berlinale hat "Ich kenn" keinen - allein unter Heteros" den Teddy Award für den besten Dokumentarfilm erhalten. (In Stuttgart im Delphi)

Gesamter Artikel unter: http://www.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/detail.php/699626
Zeitung unter: http://www.stuttgarter-nachrichten.de

EUROGAY
März 2004

Kennen Sie einen Schwulen? Diese Frage stellte der Filmemacher Jochen Hick bei seiner Dokumentarfilmreise durch das Schwabenländle. Glaubt man den Antworten der Befragten, so ist die Krankheit ‚SCHWUL’ dort nicht sehr verbreitet.
Personen begleitete der Filmemacher einige Zeit in Ihrem sozialen Umfeld um der Frage nachzugehen, wie Homosexualität im ländlichen Raum aufgenommen und verarbeitet wird. Erschreckt stellt der Regisseur fest, dass gegenwärtig immer noch finsteres Mittelalter herrscht. So wird von nationalsozialistisch gefärbten Anfeindungen sowie stumpfer Ignoranz gegenüber Schwulen berichtet. Im weiteren Verlauf des Films begleitet Hick den 37 jährigen Uwe, der durch Sextourismus nach Thailand sowie Wochenendausflüge in die Berliner Uniformszene versucht seinem Gefängnis zu entfliehen.
Ein eindrucksvolles Filmdokument über Diskriminierung und Vorurteile im Deutschland des Jahres 2003.

GAYWEB.DE
März 2004

Kino-Tipp: Ich kenn keinen - Allein unter Heteros

Deutschland, 2002Jochen Hick zeigt das etwas andere Leben in der Provinz. Exemplarisch werden vier männliche Protagonisten und die Mutter zweier Schwuler Söhne portraitiert: Stefan Braun (26) aus Michelwinnaden bei Bad Waldsee ist Forstwirt. Er erzählt von seinem Outing bei den Kollegen, zeigt, wie ihm die oberschwäbische Landschaft ans Herz gewachsen ist und welche Rolle seine Mutter in seinem schwulen Leben spielt.Hartmut Alber (57) ist HIV-positiv und berichtet von seinem späten Coming Out in Onstmettingen auf der Schwäbischen Alb und den Reaktionen der Älbler. Der Film begleitet ihn auf einem seiner Urlaube in Thailand. Wie sich Richard in Zürich erinnert, Erika mit anderen Eltern gegen Vorurteile kämpft und wie Uwe die Hauptstadt erkundet, erfährt man im Kino.Regisseur Jochen Hick zeichnet ein Portrait unserer Zeit. Unvorbelastet führt der Film durch einen Ausschnitt des schwulen Lebens in Schwaben. Im einen Moment lacht man aus vollem Herzen, im nächsten fühlt man Mitleid mit dem Schicksal des Protagonisten, erschrickt über die Einstellung des heterosexuellen Umfelds oder staunt über die Unbekümmertheit der Darsteller.Auf Nachfrage von gay-web sagt Jochen Hick, dass die Auswahl der Mitwirkenden nicht repräsentativ sei und auch nicht sein solle, sondern lediglich einen beleuchtenswerten Ausschnitt zeigen sollte. Gelungen ist ihm dies allemal. Der Streifen ist nicht nur kurzweilig, sondern liefert ein weiteres Puzzle-Stück zum schwulen Deutschland.Gesamturteil: sehenswert! Interview mit Stefan Braun auf ravensburg.gay-web.de

WELT AM SONNTAG
Adriano Sack, 11.1.2004

(...) Manchmal liegt die Exotik auch direkt vor der eigenen Haustür: In dem kürzlich gestarteten Dokumentarfilm "Ich kenn keinen" hat der Regisseur Jochen Hick Homosexuelle in der schwäbischen Provinz besucht. Sie sind nicht in die liberalen Großstädte gezogen, sondern leben als Forstwirte, Frührentner oder Verwaltungsangestellte in ihren Heimatorten, die ihnen mit Abneigung oder zumindest herzhafter Ignoranz begegnen. Der Film, bei der Berlinale ausgezeichnet, zeigt das Ringen seiner Protagonisten um Identität und ist zugleich ein wunderbares Beispiel für Reality-Comedy ohne jede Denunziation. (...)

Gesamter Artikel: http://www.wams.de/data/2004/01/11/221712.html

SCHWÄBISCHES TAGBLATT
2.7.2004 - Klaus-Peter Eichele

In Großstädten werden sie als Trendsetter und kaufkräftige Kundschaft sehr geschätzt. Auf dem platten Lande dagegen sind Homosexuelle nach wie vor nicht sehr gerne gesehen. Der Regisseur Jochen Hick ist vom schwul regierten Berlin zu einer Bestandsaufnhame in die schwäbische Provinz aufgebrochen. Er porträtiert sechs Männer, die insofern etwas untypisch sind, als sie sich auf die Gefahr des sozialen Todes hin irgendwann ihrem Umfeld geoutet haben.
Da ist Hartmut aus Albstadt, der sich mit 51 nach seiner HIV-Infektion seinem Stammtisch als schwul offenbart hat. Oder Fortswirt Stefan aus Oberschwaben, dessen Arbeitskollegen beim Vesper schon mal übers Vergasen witzeln. Oder der Rentner Richard, der den Nationalsozialismus unverseht überstanden hat und heute nach einer langen Emanzipationsreise mit seinem Partner in spiessbürgerlicher Harmonie zusammenlebt.
Trotz allen Leids, das durch die Lebensgeschichten schimmert, ist "ICH KENN KEINEN - Allein unter Heteros" weder ein depressiver Problemfilm noch zorniges Hinterwäldler-Bashing; eher ein Denkmal für jene, die mit dem Mut der Verzweiflung und viel (Galgen-)Humor ihre sexuelle Orientierung auf feindlichem Terrain behaupten.
Und vor allem sind Hicks Protagonisten, jeder auf seine Art, witzige Gesellen, die den Film zu einer durchweg vergnüglichen Sache machen. Auf die Geiferer udn Gutmenschen der Gegenseite tragen ihren Teil zum komödiantischen Grundton bei. Amüsieren darf man sich schon deswegen, weil Hicks Film nebenbei auch dies deutlich macht: Offene Schwulenhatz ist selbst in der teifsten Provinz nicht mehr angesagt. Selbst am Stammtisch im ALbflecken wird heute schon mal kontrovers über Homosexualität debattiert.

COOLIBRI
Juli 2004 - Dirk Krogull

Sexlife im Schwabenland
"Diese ganze Arschfickerei finde ich abstoßend. Es kann ja sein, daß man aus Versehen auch mal bei seiner Frau ins falsche Loch trifft, aber sowas kann ja kein Dauerzustand sein!" Wem solche Stammtischsprüche fehlen, weil er vielleichr vom Lande in Großstädte wie Berlin oder Köln gezogen ist, der kann mit der Dokumentation "ICH KENN KEINEN - Allein unter Heteros" noch mal kurz sein Gedächtnis auffrischen, wie das Leben als Schwuler in Schwarzwald oder Schwabenland eben so ausschaut. Regisseur Jochen Hick, der sich zuvor in fröhlichen Filmen wie "Sex/Life in L.A." eher dem hedonistischen Ausleben sexueller Präferenzen und Phantasien widmete, hat sich nun mit seiner Kamera in die Porvinz begeben und dort Schwule wie den Forstwirt Stefan getroffen, der Großstädte wie Berlin ja gar nicht braucht, weil er findet, er lebe schon richtig zentral: Stuttgart und München seien nur 150, Türich nur 120 km entfernt.
Doch wie meint Stefans Mutter so schön: "Bei meinem Sohn hätte ich nie vermutet, dass er schwul ist, weil er doch immer so ein fröhlicher Typ war."

SAARBRÜCKER ZEITUNG
24.6.2004 - Thomas Reinhardt

Wüst und so sündig!
Schwulsein und dazu stehen - das ist heute kaum noch ein Problem. Sollte man meinen. Doch das gilt wohl nur in den Großstädten. Auf dem Land, in der Provinz sieht's da schon anders aus. Das zeigt Jochen Hick in seinem neuen Dokumentarfilm. Er ist ins ländliche Schwaben gereits und hat sich zwischen Stammtisch und Kirche umgehört. Hier lebt der Homosexuelle allein unter Heteros, und es gibt einige Menschen, die behaupten, noch nie im Leben einen Schwulen getroffen zu haben. Doch Hick hat sie gefunden und begleitet sie, Männer unterschiedlichen Alters, lässt sich zeigen, wo sie wohnen und arbeiten, ist dabei auf ihren erotischen Fluchten zwischen Dorf un der grossen Welt, sie es in Zürich, Berlin oder Thailand. Einer von ihnen ist Hartmut, heute 57 Jahre. Der hat erst mit 51 Jahren den Mut gefunden, sich zu outen. "Vorher habe ich am Stammtisch selbst Schwulenwitze erzählt und über Schwule gelästert." Im Urlaub ist er nach Thailand gefahren, "da konnte ich mich als Schwuler mal so richtig ausleben" - und zu Hause hat er geprotzt, wiviel Thaimädchen er flach gelegt hätte. Regisseur Jochen Hick geht dabei sehr einfühlsam vor, fragt behutsam, aber auch messerscharf nach, deckt viele Vorurteile und Intoleranz auf. Welches Bild sie früher von Schulen gehabt habe, fragt er eine Frau, die heute in einer Selbsthilfegruppe homosexueller Eltern mitarbeitet: "Die sind schlutzig, wüst und sündig."

HANNOVER LIVE
Juli 2004


Homoehe und alles easy. Wo gibt's da noch Probleme? Schwules Leben auf dem Lande. Dokumentarfilm über vier schwule Männer, die abseits der grossen Städte im ländlichen Schwaben versuchen, ein erfülltes Leben zu leben.
Der junge Forstwirt Stefan, der Schwarzwälder Uwe, der Älbler Hartmut und Richard. Ein Leben, allein unter Heterosexuellen!
Der Filmemacher Jochen Hick trifft in seiner schwäbischen Heimat auf ein merkwürdiges Phänomen: Jeder Homosexuelle hält sich für den einzigen im Dorf. "Ich kenn keinen - Allein unter Heteros" ergründet auch Stolz und Vorurteil der Heterosexuellen, am Stammtisch oder im Krichenchor.
Für Hartmut ist seit seinem Outing "alles komplizierter" geworden. Früher hat er bei den Schwulenwitzen einfach mitgelacht. Jetzt muss er sich fragen lassen, ob er "darüber" mal mit seinem Hausarzt gesprochen.
Ferner treffen wir auf den 78-jährigen Richard, für den ein Bekenntnis unter den Nazis den rosa Winkel bedeutet hätte und der es noch heute lieber hat, wenn sich seine Neffen ihren Teil selber denken. Breit gefächert ist das Spektrum der Ignoranz und des individuellen Leids in diesem Film, den ein zartbitterer Humor prägt. Doch manchmal fragt er auch einfach nur deprimierend: Toleranz für wen?

 

SIEGESSÄULE
Juni 2005 - Ingrid Scheffer

Dokumentarfilm – Schwule in süddeutschen Dörfern porträtiert dieser Film. „Kennen Sie einen Schwulen?“, fragte Filmemacher Jochen Hick im ländlichen Schwaben. Allem Leugnen der Heteros zum Trotz fand er auch in der Provinz schwule Männer. Vier von ihnen begleitete er in ihrem von Vorurteilen bestimmten Alltag und bei ihren Fluchten in die Großstadt: Stefan, 26, lebt bei seiner Mutter. Gelassen berichtet der Forstwirt von den nationalsozialistisch gefärbten Anfeindungen der Kollegen bei seinem Coming-out. Auch der 38-jährige Uwe lebt noch bei der Mutter. In Berlin kauft er seine Militärklamotten. Richard, 1924 geboren, war im Nationalsozialismus von Inhaftierung und Tod bedroht. In diesem Film ist er erstmals offen schwul. Der 57-jährige Hartmut lebt in die Dorfgemeinschaft integriert, inklusive Kirchenchor und Stammtisch. Erst mit 51, als er HIV-positiv getestet wurde, bekannte er sich zu seinem Schwulsein. Eltern, Bekannte und Stammtisch kommen zu Wort. Sehr kurzweiliger Dokumentarfilm. Hick, Autor von Dokumentar- und Spielfilmen, dreht seit 1984 schwule Filme, unter anderem „Sex/Life in L.A.“. Er schafft Nähe zu seinen Protagonisten und profitiert davon, dass er selbst lange in Schwaben gelebt hat. Amüsiert, hintergründig und neugierig spürt er im Umfeld der Porträtierten dem ländlich-heterosexuellen Urteil über schwule Lebensweisen nach. Er dokumentiert den häufig unwissenden, mitunter bitter-komischen Blick auf Homosexuelle in der deutschen Provinz. 2003 mit dem TEDDY als bester Dokumentarfilm der Berlinale ausgezeichnet. (D 2003, R.: Jochen Hick)

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Dies waren ausschliesslich Kritiken zum Kinostart von ICH KENN KEINEN in Deutschland. Für alle PRESSEKRITIKEN zu Festivalaufführungen und für Auslandspresse bitte hier klicken! Link zu INTERVIEWS zum Film.

 



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